Jan Sebastian Bach
Jan Sebastian Bach

Perspektivwechsel von den Fußballschuhen zur Pfeife

Die ehemalige Spielerin der SV 07 Elversberg Lena Raubuch wird Schiedsrichterin

Die 26-jährige Lena Raubuch hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur als Schlüsselfigur im Mittelfeld, sondern auch als wichtigen Baustein ihres Teams bei der SV 07 Elversberg einen festen Platz erkämpft. Mit beeindruckendem Durchsetzungsvermögen und einer einzigartigen Fähigkeit, Spielsituationen im Voraus zu erfassen, hat sie sich als Spielerin einen ausgezeichneten Ruf erworben. Ihr Ehrgeiz und Kampfgeist haben dazu beigetragen, dass sie sich in verschiedenen Teams als feste Größe etabliert hat. Ihr Gespür für das Momentum und ihre Fähigkeit, ein Spiel zu lesen, machen sie zu einer begehrten Spielerin, auf und neben dem Platz, in jeder Mannschaft. Im Sommer 2022 kehrte Lena zur Frauen-Elv zurück, wurde jedoch durch die Folgen einer Fußoperation stark beeinträchtigt, von der sie sich nie vollständig erholen konnte. Trotz dieser Herausforderungen trug sie maßgeblich zum Teamgeist bei. Aufgrund der wiederkehrenden starken Schmerzen ihrer anhaltenden Fußverletzung hat sie nun einen bedeutenden Schritt entschieden: Lena Raubuch wird nicht länger als Spielerin für die SVE auflaufen, sondern sich auf ihre neue Karriere als Schiedsrichterin konzentrieren. Lena Raubuchs Fußballkarriere erstreckte sich über verschiedene Stationen, darunter der SV Dirmingen, Göttelborn/Elversberg und der 1. FC Saarbrücken II. Bereits im Jahr 2012 begann sie ihre Laufbahn in der U17 des 1. FC Saarbrücken . Die Vielseitigkeit ihrer Erfahrungen auf und neben dem Spielfeld verleiht ihrer Entscheidung, den Weg als Schiedsrichterin einzuschlagen, zusätzliche Tiefe. Von nun an wird Lena nicht nur Spiele in der Frauen-Regionalliga, sondern auch in der Männer-Verbandsliga leiten. 

Lena Raubuch fokussiert sich auf das Spielgeschehen im Trikot des 1. FC Saarbrücken Bildarchiv: Lena Raubuch

FNS: Du bist jetzt 26 Jahre alt und könntest noch locker 4-5 Jahre auf gutem Niveau weiterspielen. Wie schwer ist dir die Entscheidung aufzuhören gefallen? (Was war der Punkt, an dem du gesagt hast: Schluss, ich höre auf?)

Lena: Die Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen, da das Fußballspielen in meinem Leben kaum wegzudenken ist. Als kleines Mädchen habe ich bereits jeden Tag mit meinem Bruder im Garten gekickt, und ich wollte immer zusammen mit meinem Vater auf die verschiedensten Sportplätze gehen, um Fußball zu schauen. Fußball war und ist auch immer noch mein Leben. Ich verbinde mit Fußball viele Aspekte, die mich bis jetzt sehr geprägt haben. Fußball ist für mich Familie, Leidenschaft, Emotionen, Kampf und Freude. Leider wurde ich nach meiner Jugendzeit durch einen Kreuzbandriss ausgebremst und schlussendlich von einer schlimmen Fußverletzung, von der ich mich auch nicht mehr erholen konnte. Die Fußverletzung hat mich dann zu diesem schweren Schritt bewegt. Es dauerte sehr lange, bis ich mir eingestehen konnte, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Ich habe sehr lange mit starken Schmerzen spielen müssen. Ohne Tapes, die eher schon einem Gips ähnelten, war Fußballspielen nicht mehr möglich. Als ich dann fast täglich aufgrund der Schmerzen unter Tränen aufstehen musste und kein Arzt mir weiterhelfen konnte, war ich an dem Punkt angelangt. Es geht nicht mehr weiter. Ich brauche eine Alternative.

FNS: Was genau hat es mit der Verletzung auf sich?

Lena: Diese Frage bekomme ich sehr oft gestellt, und keiner kann so richtig beantworten, was ich am Fuß habe. Ich habe seit 4 Jahren ständige Entzündungen rund um die Achillessehne. Sportpausen, Arztbesuche und sämtliche Behandlungsmethoden haben nichts geholfen. Ich kann 4 mal die Woche Laufen gehen ohne Probleme, sobald ich jedoch Fußball spiele und ruckartige Bewegungen machen muss, ist die Entzündung wieder da. Schlussendlich wurde ein Teil meiner Ferse entfernt, um eine eventuelle Reibung an der Achillessehne zu vermeiden und somit die Entzündung der Sehne zu verhindern… vergeblich. Das war nicht das Problem. Ich musste mit den Schmerzen leben oder ich muss aufhören. Aufhören war zuerst keine Option…

FNS: Wie genau kamst du zur Überlegung Schiedsrichterin zu werden, was reizt dich daran?

Lena: Ich habe in den sozialen Medien gesehen, dass der Saarländische Fußballverband einen Crashkurs für Schiedsrichter anbietet. Dieser Kurs ging über das Wochenende, und man kann innerhalb von 3 Tagen Schiedsrichter werden. Ich dachte mir, dass ich nichts zu verlieren habe und einfach an dem Crashkurs im Februar 2023 teilnehme. Ich war zu dieser Zeit noch Spielerin bei der SV Elversberg, und aufgrund der Schmerzen wusste ich nicht, wie lange ich das noch sein konnte. Mein Gedanke war, dass ich als Schiedsrichterin der Fußballfamilie treu bleiben kann, und es hat mich auch irgendwie angespornt, ein eigenes Spiel zu leiten. Ich war auch gespannt, die Perspektive als Schiedsrichterin zu erleben und auch zu verstehen. Bis jetzt muss ich sagen, dass ich diesen Schritt nicht bereut habe. Mir war als Spielerin nicht bewusst, wie vielfältig es ist, Schiedsrichterin zu sein. Es ist eine eigene Sportart. Wenn man im Leistungsbereich sein möchte und auch höhere Klassen pfeifen möchte, müssen viele Prüfungen erfolgreich abgelegt werden. Diese Prüfungen und Beobachtungen spornten mich an, da ich das Bestmögliche aus mir herausholen wollte. Man möchte wissen, wie weit man es noch schaffen kann, wohin wird die Reise noch gehen. Ich habe auch immer das Gefühl, von jedem Schiedsrichterkollegen unterstützt zu werden. Es herrscht ein toller Zusammenhalt, der einer Fußballmannschaft sehr ähnelt. Man lernt neue Leute kennen und auch sich selbst neu kennen. Man muss sich plötzlich in Ausnahmesituationen behaupten können und lernen, mit Menschen in diesen Situationen umzugehen. Man wird plötzlich aggressiv angeschrien und muss dennoch die Lage sachlich bewerten und das Spiel im Griff haben. Der Schiedsrichter ist jedoch nicht immer der Gegner der Spieler, ich muss auch sagen, dass ich sehr viele nette und tolle Gespräche mit Spielern hatte, die mich auch motiviert haben. Man lernt fürs Leben, und das gefällt mir sehr.

FNS: Hast du ein Vorbild aus der Schiedsrichterei?

Lena: Ein Vorbild habe ich nicht. Ich schaue immer, dass ich das Spiel im Griff habe, regeltechnisch die richtigen Entscheidungen treffe und dennoch mit den Spielern einen fairen und gleichgestellten Umgang habe. Ich mag es nicht, mich in den Vordergrund des Spiels zu stellen, sondern das Spiel lediglich zu leiten und die Spieler als meine Kameraden zu sehen.

FNS: Hast du den Eindruck, dass du als Schiedsrichterin gerade bei den Männern mehr behaupten musst als deine männlichen Kollegen?

Lena: Den Eindruck habe ich nicht. Ich würde sogar behaupten, dass ich das Gefühl habe, dass ich es leichter habe, ein Männerspiel zu pfeifen als meine männlichen Kollegen. Ein Mann wird eher einen Mann anschreien oder die Entscheidung nicht akzeptieren, als er das bei einer Frau machen würde. Da ist dann doch oft noch eine gewisse Hemmschwelle.

FNS: Wer ist einfacher zu pfeifen, Männer oder Frauen, oder ist es gleich?

Lena: Das Männerspiel ist natürlich oft körperbetonter, es werden mehr Zweikämpfe geführt und die Spielgeschwindigkeit ist höher. Aus diesem Grund muss man als Schiedsrichter eher eingreifen und schneller agieren. Der Umgang mit Spielern und Spielerinnen ist dennoch gleich.

FNS: Welche Ziele hast du, was willst du als Schiedsrichter erreichen?

Lena: Durch die Aufstiege habe ich natürlich bereits tolle Erfolge gefeiert. Dass ich innerhalb von noch nicht mal einem Jahr in die Ziffer aufgestiegen bin und somit Verbandsliga-Herrenspiele pfeifen darf, war nicht abzusehen und damit habe ich auch nicht gerechnet. Was nun die weitere Zukunft bringt, muss man abwarten. Ich möchte es gerne in die höchste saarländische Liga (Saarlandliga) schaffen und vielleicht kann ich ja noch beim DFB anklopfen. Ich bin natürlich motiviert und gespannt, wohin die Reise geht. Druck mache ich mir jedoch nicht.

FNS: Kannst du dir auch vorstellen, irgendwann mal als Trainerin zu arbeiten?

Lena: Zur Zeit möchte ich mich auf die Schiedsrichterei konzentrieren. Als Haupttrainerin kann ich mir momentan nicht vorstellen, jedoch würde es mich reizen, als Co-Trainerin zu agieren und unterstützend tätig zu sein.

FNS: Hast du noch viel Kontakt zu deinen ehemaligen Mitspielern, und wie haben sie deinen Wechsel zur Pfeife aufgenommen?

Lena: Ich stehe noch ständig in Kontakt mit meinen ehemaligen Mitspielerinnen, und ich bin über die Reaktion meiner Teamkameraden und auch meines Trainers Kai Klankert sehr glücklich gewesen. Kai hat mir ermöglicht, meinen Weg in der Schiedsrichterei zu gehen, und Fußball und Schiedsrichterei auf jeden Fall kurzzeitig zu verbinden. Das ist nicht selbstverständlich. Während der Woche war viermal Training angesagt, samstags pfeifen und sonntags Spiel. Meine Mädels haben sich sehr für das, was ich tue, interessiert und haben sich auch riesig über meine Erfolge gefreut. Durch meinen Aufstieg in die Verbandsliga musste ich mich für eins entscheiden, und da ich ohnehin starke Schmerzen beim Fußball hatte, war klar, welche Entscheidung ich treffen würde. Die Mannschaft stand voll hinter meiner Entscheidung und hat sich sehr für mich gefreut. Sie wussten, dass ich aufgrund der starken Schmerzen sehr leiden musste und nun den besten Weg für mich gefunden habe.

FNS: Hätte die Spielerin Lena gerne die Schiedsrichterin Lena gehabt, und wäre die Schiedsrichterin Lena gut mit der Spielerin Lena zurechtgekommen? (:-))

Lena: Ohje:) Also ich versuche immer, mich in die Spielerinnen hineinzuversetzen und bestmöglich mit ihnen umzugehen. Ich weiß, wie sie sich in sämtlichen Situationen fühlen, und denke, dass ich daher oft ein gutes Gespür für sie und die Situation habe. Ich versuche auf jeden Fall, dass die Spielerin Lena auch mit der Schiedsrichterin Lena gut zurechtkommt. Aber ich muss zugeben, damals hatten es die Schiedsrichter oft nicht leicht mit mir, daher muss ich schon als Schiedsrichterin Gas geben, dass mir das gelingt.

Ihr Hintergrund und umfangreiche Erfahrung werden zweifellos dazu beitragen, dass die 26-jährige Beamtin als Autorität auf dem Spielfeld wahrgenommen wird. Lena Raubuchs außergewöhnliche Wandlung von der Spielerin zur Schiedsrichterin wird zweifellos eine Bereicherung für den Fußball darstellen und zeigt, dass Talente wie sie den Sport in verschiedenen Rollen prägen können. Wir sind gespannt darauf, wie sich ihre neue Karriere entwickeln wird, und wünschen ihr viel Erfolg auf diesem neuen Weg.

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